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20.09.2015, VeloClassico 2015 in Ludwigslust

Wenn man an einem Samstag um 7:00 aufsteht und durch den Regen zum Bahnhof radelt, dann muss einen schon etwas besonderes locken. Es war die erste VeloClassico, die Christian und mich zu solchen Aktionen anspornte, ein Rennen für klassische Rennräder. Wir hoffen, die Organisatoren lassen sich nicht durch die geringe Meldezahl von ~100 Radlern abschrecken. Die Sache muss wachsen und nach diesem ersten Event, spricht sich hoffentlich herum, was die Ludwigsluster da tolles auf die Beine gestellt haben.


Samstag, 7:45: Wir holen unser Früchstück beim Bäcker und radeln durch den endlosen Regen zum Bahnhof.


Samstag Mittag: Auch in "Lulu" regnet es, doch wir stromern durch den Park, finden die Startlinie und schließlich auch unser Event am Schweitzerhaus. Die Jagd-Messe vorne am Schloß ist eher nicht so unsere Welt.


Samstag Nachmittag: Lange Tischreihen, eine Liveband und ein paar Stände und Trödeltische bieten eigentlich eine schöne Kulisse für die VeloClassico, allerdings drückt der Regen auf die Stimmung und hält wohl viele Leute von einem Besuch ab. Wir sehen uns um, besichtigten viel skuriles und treffen die netten Hamburger vom ABC.


Samstag Abend: Noch eine Runde durch den wirklich sehenswerten Schloßpark, dann zur Pizzeria für das Abendessen (schon wieder die ABC'ler), heim zur Kita (unserer Basis), Fahrräder und Trikots klar machen und ab ins Bett.


Sonntag, 0 km: Ab 6:00 soll es im Schlosscafé Frühstück geben, doch die gute Bedienung ist angesichts des Ansturms überfordert, so dass viele leer ausgehen. Um fünf vor sechs nehmen wir unsere geschmierten Brötchen in die Hand und radelen zur Startlinie, an der sich etwa 40 Radler der "Heldenrunde" (160 km) eingefunden haben. Nach Jagdhorn-Begrüßung und Ansprache geht es verfolgt von Schwalberollern und anderen DDR-Unikaten los. Herrliche, glatt geteerte Wege (wir hatten uns auf Kopfsteinpflaster eingestellt) führen durch eine weitestgehend flache Landschaft und die Gruppe legt zügig los, teilt sich dann jedoch und wir blieben bei den langsameren ~8 Fahrern, was zum Aufwärmen völlig reicht. Wirklich herausragend ist der sozialistische Volksradler (Name unbekannt) auf seinem 26" Diamant Damenrad (ein Gang) in Jeans und Hemd mit Jutebeutel und DDR-Stander auf dem Gepäckträger, der problemlos mit den ganzen Rennern mithält. Der ist schon auf den ersten 40 km ein Held.


47 km: Auf einem Kiesweg schlitz Christian seinen schönen Mantel an einem Flintstein auf und wir müssen uns aus dem Peleton verabschieden. Der Mantel hat jetzt eine richtige Wunde. Als wir in Schwerin ankommen, zieht der Troß gerade weiter, doch hinter uns kommen noch Birger und Marc, die die Runde auch etwas entspannter angehen und so bilden wir eine lose Vierergruppe. Das "Depot" mit Blick auf das Schloß versorgt uns mit Kaffee, Tee, Müsli, geschmierten Broten und Kuchen. Die Damen tragen Trachten und alte Festkleider und haben sichtlich ihren Spaß, uns zu versorgen. Vielleicht haben wir auch einen Nachzüglerbonus. Spätestens jetzt, stellte sich das Heroenfeeling ein, man wird regelrecht angehimmelt.


~58 km: Der 8 km "Helden Bonus" zum Schloß Basthorst ist eine Bonusstrecke der Heldenrunde, die heute vermutlich niemand ausließ. Vorher dürfen wir aber noch ein zweites Loch in Christians Hinterrad flicken. Das Schloss ist inzwischen ein ziemlich nobles 4 Sterne Hotel mit allem drum und dran. Angesichts des Wagenparks vermutlich nicht unbedingt unsere finanzielle Kragenweite, aber wirklich sehr schick. Am Verpflegungsstand gibt es Gulasch, Tee, Kaffee, kleine Geschenke und es tut uns bei jedem Stopp sehr leid, den Leuten erklären zu müssen, dass wir die letzten sind, denn der Vorrat ist noch lange nicht aufgebraucht.


77 km: Bis Crivitz ist es ein kurzer Hüpfer, so dass wir beid er Ankunft eigentlich noch satt sind, doch die Herzlichkeit und Motivation der Anwohner hält uns lange fest. Das Dorf hatte extra für die VeloClassico eine Art Bauernmarkt organisiert und uns empfängt die Bürgermeisterin persönlich. Man wird wie bei Muttern aufgenommen und alle "Offiziellen" scharen sich um die Fahrradhelden. Der örtliche Radhändler versorgt Christian mit einem Ersatzschlauch und legt am Ende noch einen drauf ("zur Sicherheit"), wir müssen uns wirklich losreißen, um aufzubrechen, doch ein Hochradler begleitet uns ein Stück, das sieht urig aus.


~88 km: Die Streckenführung ist perfekt. Wenn wir auf der gesamten Runde 50 Autos begegnen, dann sind es viele. Meist geht es über geteerte Wege, Steigungen gibt es kaum, nur der Wind spielte nicht so richtig mit, zumindest kommt es uns so vor, als ob er nie schiebt. Landschaftlich wechseln sich weite Kulturlandschaften (findet Christian toll) mit Wäldern (eher mein Geschmack) ab, dazwischen endlose Aleen, wirklich abwechslungsreich und schön.


100 km: Eigentlich ist die Strecke sehr gut durch rote Pfeile markiert, doch in Raduhn verpassen wir eine Abzweigung, um dann von den Anwohnern wieder auf die richtige Strecke gebracht zu werden. So finden wir den Pingelhof, McPomms ältesten Bauernhof, an dem es Schmalzbrote, Pralinen und dralle Weiber gibt, die unsere Karten abstempelten.


100 km: Auch ein Gruppenfoto mit Birger und Marc ist drin.


111 km: Bis Parchim ist es ein Katzensprung (danach kommen die 30 km Durststrecke...) und wir werden wieder von diversen Stadtvertretern und einem Stadtfest mit Samba-Band empfangen. Wir sind immer noch die letzten, auch alle Mittelstreckenradler sind schon durch, doch das hat scheinbar zur Folge, dass man sich noch herzlicher um uns Nachzügler kümmert und uns mit Wildwurst und Waffeln versorgt, bis wirklich nichts mehr geht.


142 km: Die 30 km bis Grabow ziehen sich. Mein linkes Knie tat weh, rechts die Achillessehne, hätte ich mal doch etwas mehr trainiert... Auch der Gegenwind nervt und zu allem Übel fängt es noch an zu regnen. Somit ist der letzte Stopp am Jägerhaus von Grabow eher trübselig und wir stellen uns gemeinsam im Zelt unter, bei Grabower Küßchen und Waffelplätzchen. Dazu den üblichen Saft, so läßt es sich auch mit den nassen Schuhen noch ganz gut aushalten und die letzten 10 km nach Ludwigslust lassen sich dann auch noch anpacken. Es wird allerdings merklich schwerer, sich auf den harten Sattel zu schwingen.


160 km: Das Ziel ist ziemlich verlassen, nur eine Fotografin knippst uns und drückte uns den letzten Stempel ins Heft. Noch kurz die Preisverleihung besichtigen, doch dann wird es Zeit, sich aus den nassen Klamotten zu pellen und die Heimreise mit 5x Umsteigen anzutreten. Um Mitternacht vom Bhf heim den Berg hoch radeln ist nochmal eine richtige Herausforderung, aber rückblickend war die VeloClassico wirklich gelungen und die Motivation und Herzlichkeit der Helfer an den Depots war wirklich herausragend. Danke!