20./21. Tag
22.-23.09.00
Cowes-Dover
SE 3-4
2/8
20°C
109,7 sm
23,0 h
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Als wir aufwachen und rausgucken können wir gar nicht glauben, was wir sehen: Blauer Himmel und die Sonne scheint. Also fällt es uns nicht so schwer um 7:30 aufzustehen und zu duschen. Danach gehen wir noch kurz in die Stadt zum Einkaufen,
und um uns mit den letzten Postkarten und Briefmarken zu versorgen. Dann legen
wir ab und verlassen mit einer ganzen Flotte von Segeljachten den Hafen.
Draußen wird deutlich, warum der Solent zu DEN Jachtzentren der Welt gehört. Es
fahren zwar ab und zu richtig große Frachter durch den Solent nach Southampton
rein, aber die große Masse bilden Jachten. Sie segeln entweder einfach so herum
oder jagen sich unter Spinnaker durch die Regattakurse. Im Augenblick hält sich
der Wind aber noch stark zurück und Michael, Andreas und Steffi springen ins klare,
hellgrüne Wasser um sich ziehen zu lassen. Bei 2 kn geht das noch gut, wird bei
dreien aber schon zur Strapaze der Badehosenbündchen.
Nachdem wir mit Hilfe des Stroms No Mans Land Fort passiert haben, bringe ich das
Angelgeschirr aus, und nach kurzer Zeit hat wieder die erste Makrele angebissen.
Sofort werfen wir den Haken wieder aus und verlassen das Fahrwasser in Richtung
auf die Boulder Street. Das Anglerglück scheint uns aber verlassen zu haben, denn
das Surfbrettchen kommt hinter uns nicht mehr in Sicht.
So zuckeln wir also langsam weiter. Ich steuere und die anderen flegeln sich in
der warmen Sonne auf dem Vordeck herum. In der Street herrscht das totale Kabbelwasser.
Drumherum ist die See eigentlich glatt, aber hier kocht es. Dafür werden wir aber
auch mit nur einem Knoten Fahrt, aber drei Knoten Strömung durch die Passage geschoben.
Sehr eindrucksvoll.
Nachmittags gibt uns das schlechte Angelergebnis doch langsam zu denken. Steffi
hat die erste Makrele inzwischen ausgenommen und im Kühlschrank verstaut. Als
wir das Geschirr einholen, hängt es voller Algen. Ein Blick auf den Tiefenmesser
erklärt alles: Es ist nur 8 m tief, das heißt, daß das Brettchen bei voller Leinenlänge
knapp über den Boden fegt. Ein Glück, daß wir die Angel nicht verloren haben!
Mit nur 10 m Leine werfen wir sie neu aus und fast augenblicklich hängt die erste
Makrele dran. Sie ist verdammt aktiv. Wahrscheinlich, da sie aus einer geringeren
Tiefe als die früheren kommt. Wir haben die Angel gerade ausgeworfen, da hat auch
schon die nächste angebissen und so rasant geht es weiter, bis wir drei weitere
beisammen haben. Ein Abendessen.
Um sechs Uhr abends, als Andreas' Wache beginnt, stelle ich mich zum Kochen unter
Deck. So schlemmen wir im Sonnenuntergang gefüllte Makrelen mit Kartoffeln und
es schmeckt sehr gut. Zwei Stunden später, als Michaels Wache beginnt, spülen
Andreas und ich, dann lege ich mich zu Steffi in die Koje und bin direkt eingeschlafen.
Kurz vor meiner Wache werde ich von selbst wach und mache mich fertig. Als ich
rauskomme sehe ich es schon: Wir haben Meeresleuchten. Kein besonders intensives,
aber im Heckwasser wimmelt es von grünen Leuchtpunkten. Der Himmel ist noch bedeckt
und zu unserer Linken taucht die Straßenbeleuchtung von Brighton den Himmel in
orangenes Licht. Später reißt dann die Wolkendecke auf und wir können massig Sterne
sehen. Um Beachy Head müssen wir wegen des drehenden Windes einen extra Schlag
auf's Meer hinaus machen. Danach nimmt dann der Wind etwas zu und wir machen endlich
mal 6,5 kn Fahrt. Die Wellen bleiben klein und so kann man unten herrlich schlafen.
Meine zweite Wache beginnt um 6:00, gerade zum Sonnenaufgang. Es ist wie im Bilderbuch.
Ein paar kleine Wölkchen und Kondensstreifen von Flugzeugen stehen am Himmel,
ansonsten ist er aber klar. Voraus segelt noch ein anderes Boot, dessen Toplicht
wir nachts ab und zu gesehen haben. Dann geht die Sonne auf. Ab dem Horizont kann
man sie sehen, und so verwandelt sie sich langsam von einem dünnen Streifen in
eine dunkelorangene Scheibe. Ich bin so begeistert, daß ich gleich sechs Fotos
verknipse. An Backbord fangen die Kreidefelsen an orange zu glühen, es ist wirklich
herrlich.
Zuerst denke ich, ich halluziniere, da ich dauernd Singvögel zwitschern höre. Jetzt
wo es heller wird sehe ich aber, daß es keine Täuschung ist: Sie scheinen zu ziehen
und überqueren hier den Kanal. Einzeln und in kleinen Schwärmen fliegen Schwalben
und Finken um uns herum nach Süden. Das gibt ein richtig herbstliches Gefühl.
Um 7:00 runden wir Dungeness und im Dunst taucht Dover vor uns auf. Beim Anmelden
über Funk leiste ich mir noch einen kleinen Schnitzer und verwechsle Ost- und
West-Eingang. Daraufhin herrscht gut 15 s Funkstille, bis mich Dover-Control korrigiert.
Wir schieben es mal auf die Unausgeschlafenheit.
Nach dem Anlegen hauen wir uns erst mal aufs Ohr und schlafen noch zwei Stunden.
Dann gibt es ein ausgiebiges Frühstück im Sonnenschein. Es ist herrlich: Blauer
Himmel und die Sonne heizt die Temperatur auf 25°C hoch. Da lasse auch ich mich
überreden mit schwimmen zu gehen. Zuerst bereue ich es ja, aber nachdem man sich
einmal an die 16°C Wassertemperatur gewöhnt hat, ist es herrlich. Vor allem schön
klar! Nach dem Einkaufen laufen wir noch ein wenig auf den Kreidefelsen entlang,
aber die Sonne geht unter und es wird kühl.
Heute kocht Andreas: Chinesisches Schweinefleisch mit Mandarinen. Wir schlemmen
und danach brechen wir auf, um einen letzten Kneipenabend in England zu verbringen.
Die "Kneipenmeile" entpuppt sich leider als provinzielle Einkaufsstraße, aber
wir setzen uns einfach in eine der vier Kneipen, um wenigstens das letzte Pint-Glas
mitgehen zu lassen. Den gemütlichen Abend verbringen wir dann bei Kerzenschein
auf der Skua.
Fotos:
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